Der »Engel von Friedland«

Ehrenvorsitzende Johanne Büchting wird am 1. April 90 Jahre

Einbeck. Johanne Büchting, Ehrenvorsitzende der Friedlandhilfe, begeht am 1. April 2014 ihren 90. Geburtstag. Bereits 1954 nahm sich die Jubilarin der Menschen im südniedersächsischen Grenzdurchgangslager Friedland an. Ihr Bestreben galt nicht nur der Organisation dieser Zufluchtsstätte, vielmehr stand die menschliche Anteilnahme stets im Mittelpunkt ihres Wirkens. Christ sein erschöpfe sich nicht darin, in die Kirche zu gehen, sondern Nächstenliebe zu praktizieren. Dies tut sie leidenschaftlich, wirkungsvoll und nach besten Kräften bis zum heutigen Tage.

Seit der Geburtsstunde der Friedlandhilfe im Jahre 1957 war Johanne Büchting Impulsgeberin und Organisatorin zugleich. 1969 trat sie als Schatzmeisterin in den geschäftsführenden Vorstand ein, den sie später von 1978 bis 2000 als Vorsitzende leitete. Von der britischen Militärregierung gegründet, wurde das Grenzdurchgangslager Friedland anfangs für Millionen Vertriebene und heimkehrende Kriegsgefangene zum »Tor in die Freiheit«. Auch heute noch ist Friedland der erste Anlaufpunkt für Menschen, die nach Verlust ihrer Heimat nach Deutschland kommen. In diesem und dem kommenden Jahr wird erwartet, dass, nach der 10. Änderung des BVFG, die Zahl der Spätaussiedler wieder deutlich ansteigt. Viele Spätaussiedler mussten ihr Hab und Gut fast vollständig zurücklassen, entsprechend fehlt es bei dem Neuanfang an allem. Über eine Million Briefe mit der Bitte »Helft uns helfen!« versendete Johanne Büchting in ihrer aktiven Zeit. So brachte sie über 100 Millionen Mark Spenden für die Friedlandhilfe ein.

In den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts gab es neben Friedland noch sieben weitere Erstaufnahmeeinrichtungen, in denen die Friedlandhilfe tätig werden musste. Als in einigen Jahren bis zu 220.000 Spätaussiedler nach Deutschland kamen, gelang es ihr, bei der Bundesregierung weitere Unterstützungsgelder zu bekommen.

Aber Johanne Büchting sorgte nicht nur für finanzielle Unterstützung, sondern leistete auch moralischen und seelischen Beistand, den viele nach den Fluchtstrapazen und dem Verlust ihrer Heimat bitter benötigten. Aufgrund ihrer eigenen Vergangenheit fühlte sie sich den Flüchtlingen und Aussiedlern sehr verbunden – musste sie doch selbst mit ihrer Familie nach Kriegsende ihre Heimat bei Magdeburg verlassen und in die britische Besatzungszone fliehen. Sie hörte den Menschen zu, tröstete und baute auf. Sie gab Hoffnung und half tatkräftig auf dem Weg in eine neue Zukunft. So entstanden vertraute Verbindungen, die bis heute Bestand haben. Ihre herzliche Zuwendung ist allen, die sie von ihrer Arbeit in Friedland kennen, unvergesslich.

1979 erhielt Johanne Büchting für ihr Engagement das Bundesverdienstkreuz am Bande und 1996 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Davon machte sie selbst wenig Aufheben. Ihr ging es schlicht um das Wohl der Menschen. Für viele von ihnen war sie der »Engel von Friedland«.oh